Mann spielt Cello vor einer Cartier-Ladenfront

Stationärer Handel unter Druck: 6 Thesen zur Zukunft des Einkaufserlebnisses vor Ort

Der Einzelhandel steckt in weiten Teilen in der Krise - und das nicht erst seit der Pandemie. Zwar wird ein Großteil der Umsätze nach wie vor in den Geschäften vor Ort erzielt, doch der Onlineanteil nimmt immer weiter zu und die Frequenz in den Läden sinkt, vor allem in den weniger exklusiven Lagen. Nach Angaben des deutschen Handelsverband (HDE) wuchs Online im vergangenen Jahr um 1,6 Prozentpunkte auf insgesamt 12,4 Prozent - ein Rekordwachstum. Corona und die damit verbundenen Einschränkungen für den Einzelhandel sind ein zusätzlicher Katalysator und verstärken den Wandel zusätzlich.Die Prognosen für den stationären Handel sind also alarmierend. Der HDE rechnet damit, dass in der Post-Corona-Ära bis zu 50.000 Geschäfte aus Deutschland verschwinden werden. Auf der anderen Seite drängen immer mehr ehemalige reine Onlinehändler mit neuen Konzepten in die Innenstädte. Beispielhaft seien hier Zalando mit ihren Outlets und 11Teamsports mit ihren Erlebnisstores genannt. Eine bemerkenswerte Entwicklung mit großen Filialisten in der Krise und Onlinehändlern, die nach neuen Wegen suchen, ihre Zielgruppen zu binden. Der Einzelhandel steht vor massiven Herausforderungen und Veränderungen - doch wie werden diese aussehen?

Sechs Thesen zur Entwicklung des Einzelhandels

  1. An Onlineshopping führt kein Weg vorbei

Onlineshopping ist da und wird nicht wieder verschwinden - das wird niemand bezweifeln. Social Shopping, Same Day Delivery und weitere Innovationen machen den Online Einkauf noch einfacher und schneller. Statt sich zu Fragen “Wie können wir gegen den E-Commerce bestehen?” sollten sich Unternehmen also die Frage stellen “Wie können wir online und stationär für den größtmöglichen Erfolg kombinieren?”.Übergreifende Omnichannel Konzepte, in denen das Geschäft vor Ort eine neue Rolle einnimmt, werden verstärkt zunehmen. Vom Ort des Kaufens werden sich Läden zu einem Ort des Erlebnisses und der Inspiration entwickeln, der den Kaufimpuls auslöst oder verstärkt.

  1. Es braucht neue Store-Konzepte

Die klassischen Geschäfte und Warenhäuser, die immer noch unsere Innenstädte dominieren, benötigen nicht nur einen neuen Anstrich, sondern auch eine inhaltliche Generalüberholung. Kunden wollen keine riesigen Läden mit Sortimenten von A-Z, diese finden sie auch online. Viel mehr sind Store-Konzepte gefragt, die Beratung, Erlebnis und Schnelligkeit in spezialisierten Bereichen in den Fokus stellen - auch im Zusammenspiel mit digitalen Angeboten. Click & Collect, Personalized Shopping (wie Click & Meet es in der Pandemie vorweg nimmt), Showrooms fürs breite Publikum oder Pop-up-Stores mit Eventcharakter werden sich weiter durchsetzen und die Motivation für den Besuch des Stores verändern - hin zu mehr Inspiration und echtem Einkaufs-”Erlebnis”.

  1. Der direkte Draht zum Kunden wird immer wichtiger

Unternehmen wie Nike und Adidas gehören seit Jahren zu den beliebtesten Firmen der Welt und gelten auch im Marketing als Nonplusultra. Dementsprechend für Aufsehen sorgt der Weg der beiden Unternehmen, sich verstärkt vom Wholesale abzuwenden und sich immer weiter Richtung Direct-to-Consumer (D2C) zu entwickeln. Neben dem verstärkten Fokus auf die eigenen Onlineshops und Apps gehören auch Stores und Erlebnis-Locations in ausgewählten Key-Cities zum Konzept der Sportartikel-Giganten. Beispielhaft sei hier die Adidas Sports Base in Berlin genannt, die einen Anlaufpunkt für die Community und damit ein ganz besonderes Markenerlebnis schafft.

  1. Retail Media etabliert sich als neue Einnahmequelle für Stores

Der zahlende Kunde wird auch zukünftig die größte direkte Einnahmequelle für Stores sein, doch der Anteil wird sinken. Store-in-Store Konzepte und großangelegte WKZ-Kooperationen (Werbekostenzuschuss) gehören schon heute zum Standardrepertoire vieler Einzelhändler und werden durch den Verlust vieler Geschäfte zukünftig wesentlich konzentrierter in passenden Läden auftreten.Für zusätzliche Einnahmen wird der Aufstieg von Retail Media sorgen. Im E-Commerce bieten Plattformen wie Amazon, eBay oder Zalando schon länger die Möglichkeit an, Werbung innerhalb des Shops bzw. Marktplatzes zu schalten. Durch neue digitale Flächen innerhalb von Stores wird das Thema nun auch für den stationären Handel spannend. Insbesondere Multi-Brand-Stores und Nischenhändler können so ihre direkte Kundenbindung monetarisieren und eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen.

  1. Es wird weniger Einkauf dafür mehr Erlebnis geben

Was bei den vorherigen Thesen schon angeklungen ist, verdient auch eine eigene These: Die Eventisierung des Einkaufs wird deutlich zunehmen. Für Marken und Händler wird es in Zukunft verstärkt darum gehen, der Zielgruppe Erlebnisse zu bieten, um sie durch positive Emotionen langfristig an sich zu binden. Dabei ist es letztlich sekundär, über welchen Kanal die Verkäufe erfolgen. Der Unternehmenserfolg durch Kundenbindung über alle Kanäle hinweg steht im Fokus. Gemeinsame Trainingsgruppen von Sportartiklern, Tasting-Touren von Spirituosen- und Süßwaren-Herstellern oder der Kanu Test im künstlichen Wasserkanal eines Outdoor-Händlers. Die Trends um den Kunden mehr als nur das Produkt und etwas Beratung zu bieten sind gesetzt und werden rasant zunehmen. Ansonsten werden immer mehr Kunden den Onlinekauf bevorzugen - und sich vielleicht aus Preisgründen für die Konkurrenz entscheiden, da keine emotionale Bindung zum eigentlich besseren Produkt entstehen konnte.

  1. Marketing wird in den nächsten Jahren “digital only”

Auch beim Marketing wird es kein “weiter so” geben. Wie der Handel selbst, entwickeln sich auch die Marketingstrategien weiter. Kampagnen werden persönlicher und sogut wie alle Plattformen digitalisiert. Kommunikationskanäle wie Digital-out-of-Home, Programmatic Audio oder Connected TV (CTV), spezielle digitale Lösungen für Prospekte oder Drive-to-Store Ads gewinnen stark an Bedeutung. So werden übergreifende digitale 360° Kampagnen umsetzbar, die ein einheitliches Kundenerlebnis widerspiegeln. Natürlich gibt es immer noch Marketing-Aktionen wie Promoter oder ähnliches, die großen Kampagnen werden zeitnah aber komplett digital sein.

Der große Wandel

Der stationäre Handel ist nicht am Ende, aber er steht zweifelsohne vor einem großen Wandel. Die charakteristischen Warenhäuser werden langfristig verschwinden, aber neue Store-Konzepte mit anderem Fokus rücken nach. Innovation und agiles Handeln werden dabei belohnt. Eindrucksvolle Markenerlebnisse und langfristige Kundenbindung über alle Kanäle hinweg sorgen - unter Einbindung wegweisender digitaler Lösungen - dafür, dass Käufe wiederkehrend stattfinden - stationär wie digital. Im Laufe unseres Themenspecials “Retail Marketing” wollen wir euch Inspiration, Tipps und Tricks an die Hand geben, um den benötigten Wandel aus Marketingsicht aktiv zu gestalten.

Quellen:

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