Mediapläne für Brand-Advertiser (Werbungtreibende) werden inzwischen zu zwei Dritteln über den programmatischen Weg umgesetzt. Die Vorteile wie Targeting und übergreifendes Frequency Capping tragen diese Entwicklung ebenso wie die weiterhin zunehmende Verfügbarkeit aufmerksamkeitsstarker Formate. Nachgewiesene Sichtbarkeit und tatsächliche Zielgruppenerreichung können, die richtige Expertise in der Kampagnen-Konzeption und Steuerung vorausgesetzt, die konventionelle Mediaplanung übertreffen und führen zu effizienten Zielgruppen-TKPs.
Qualität & KPIs
Warum tun sich Werbungtreibende und große Agenturen mit Programmatic Branding immer noch schwer? Fälle von Fraud schlagen naturgemäß hohe Wellen - in der operativen Realität lässt sich das Thema tatsächlich gut in den Griff bekommen. Programmatic steht in qualitativen Auswertungen - richtig gesteuert - nicht schlechter da als direkte Einbuchungswege.Nachdem die Viewability-Thematik von allen relevanten Playern aufgegriffen, ausreichend öffentlich diskutiert und letztlich in messbare Standards überführt wurde und aktuell das Thema Fraud angemessen „bearbeitet“ wird, wendet sich die Diskussion den KPIs zu, um die es letztlich geht: der Hebel für effizientes Programmatic Branding liegt in klassischen Planungs-KPIs wie GRP (Gross Rating Point) und OTS (Opportunity To See), die Werbedruck und Kontaktdosis in der Zielgruppe beschreiben.
Das Problem bei Panel-Erhebungen
Dass auf der einen Seite Abverkauf in Filialen und im Supermarkt aus digitalen Kampagnen „hart“ zuordbar wird, ist trotz digitaler Coupons und spannender Möglichkeiten u.a. mit präziser Verortung mobiler Endgeräte weit weg. Die etablierten, zur Bewertung von Branding-Kampagnen herangezogenen Metriken wie Werbeerinnerung, Markensympathie, Kaufabsicht usw. basieren auf Panel-Erhebungen, die Konsumentenverhalten zunehmend umfassender abbilden können: das Onlineverhalten in der Interaktion mit der Kampagne wird dem TV-Konsum gegenübergestellt und mit Befragungsdaten kombiniert, um die Werbewirkung zu bemessen und den Mediamix zu optimieren.Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse gelten allerdings ex-post und holistisch nur für ganze Kampagnen und erlaubt keine dynamische Optimierung auf Line Item-Ebene - OTS und GRP tun das.
Das Problem mit OTS und GRP
Das Problem bei diesen KPIs: per Definition handelt es sich um Durchschnittswerte, die tatsächliche Kontakterreichung pro User drückt sich in den Parametern nicht aus. Verteilt sich eine hohe Anzahl von Kontakten auf wenige “Power-User” und wird ein Großteil der Zielgruppe jedoch nur mit ein bis zwei Kontakten erreicht, so ist laut Excel-Tabelle die OTS-Vorgabe mit den “idealen” vier Kontakten zwar erreicht - faktisch konzentriert sich die Botschaft aber auf eine zu geringe Anzahl von Nutzern. Durch diese Schieflage in der Kontaktverteilung ergibt sich auch in der GRP-Betrachtung ein verfälschtes Bild hinsichtlich des Werbedrucks in der Zielgruppe.Diese Situation entsteht aus der heterogenen Nutzungssituation der Online-Medien und wird in der programmatischen Aussteuerung zum Nachteil gegenüber klassischer Mediaplanung, in der über richtig selektierte Umfelder die benötigten Kontaktfrequenzen oftmals erreicht werden konnten. Programmatic Guaranteed sollte die Lösung für dieses Problem darstellen - dort muss aber auf entscheidende Vorteile der programmatischen Optimierung verzichtet werden, denn durch eine „Paketierung“ in den Direct-Buys ist keine wirklich übergreifende Steuerung möglich und so ergeben sich Einschränkungen in der Zielgruppen-Erreichung.
Lösung
Die Lösung der optimalen Kontaktklassen-Erreichung liegt natürlich nicht in der Rückkehr zur klassischen Mediaplanung und der Abkehr vom Targeting, sondern in der entsprechenden programmatischen Optimierung, die weiterhin genauso über Open Auctions wie auch Private Marketplaces zu realisieren ist - Abstimmungen mit den Publishern zu Inventarklassen, der Art des Zugriffs und Preisrahmen bleiben dabei essentiell.
Status Quo: Über alle Branchen zu beobachtende programmatische Kampagnen-Setups beinhalten häufig eine nicht optimierte Verteilung der Kontaktklassen und beeinträchtigen damit die Erreichung der gewünschten Branding-Wirkung (viele Nutzer mit zu wenig Kontakten unterhalb der Wirkungsschwelle, wenige Nutzer mit überhöhter Kontaktdosis ohne zusätzlichen Mehrwert für die Werbewirkung).
Optimierungsansatz: Durch ein granulares programmatisches Kampagnensetup können Kontaktklassen so optimiert werden, dass die ideale Dosierung geschaffen und eine ausreichend große Zahl von Nutzern in der Zielgruppe mit der gewünschten hohen Kontaktklasse erreicht wird.Hierzu müssen die Nutzer-Segmente so gebildet werden, dass aus der initialen Auslieferung in der Zielgruppe weitere gewünschte Kontakte erzeugt und über den Kampagnenverlauf von Kontaktpunkt zu Kontaktpunkt aufeinander aufbauend gezielt erneut angesprochen werden, bis die Soll-Dosis erreicht ist.
Fazit
Damit sich Programmatic Branding stärker durchsetzt, bedarf es weiterhin der Expertise im Einsatz der richtigen Tools auf die richtigen Ziele hin. Brand-Safety, Viewability und die Messung des Kampagnen-Impacts auf die Markenwerte werden standardisiert; durchdachte Kampagnen-Konzeption und richtige Anwendung von KPIs bleiben Aufgabe smarter Marketers, die den Wert handwerklicher, analytisch getriebener Arbeit bei aller Automatisierung kennen.Selbstverständlich gibt es darüber hinaus weitere, für den Marketingerfolg entscheidende Aufgabenstellungen, z.B. in Bezug auf die Umsetzung und Platzierung programmatisch ausgerichteter Kreation. Die richtig gesteuerte Zielgruppenerreichung bleibt aber zentraler Treiber für das programmatische Wachstum auch von Seiten der Brands, da sie direkt auf Markenwirkung und letztlich Unternehmenserfolg der Werbungtreibenden einzahlt.
Dieser Beitrag ist zuerst im Programmatic Advertising Kompass 2017/18 des BVDW erschienen.